Ich mag Männer. Ehrlich.
Ich teile mein Leben mit einem, arbeite mit welchen, hab Brüder, Nachbarn, Freunde – sie bringen mir Pakete, Kaffee und manchmal auch ehrliche Gespräche.
Aber was mich zunehmend irritiert: dass ausgerechnet in einer Zeit, in der wir über Gleichberechtigung längst hinaus sein sollten, immer mehr Exemplare wieder glauben, das 19. Jahrhundert hätte Comeback-Potenzial.
Es gibt diese Momente, wo man erst den Kopf schüttelt, dann den Atem anhält – und irgendwann merkt, dass man ihn schon viel zu lange anhält.
Weil sie wieder da sind:
Diese Szenen, in der Bahn, auf der Straße, im Netz.
Dieses dumpfe Grollen, das sich zu einer Kakophonie aus „endlich darf man ja wohl wieder sagen“ und „die Weiber“ aufschwingt.
Und das Bittere ist: Es ist gar nicht neu. Es ist nur wieder salonfähig geworden.
Weil irgendwo oben einer den Ton gesetzt hat – einer, der glaubt, ein Kanzler dürfe so tun, als sei Angst ein weibliches Hobby.
Neulich also, in der Bahn.
Ein Mann schwurbelt laut vor sich hin.
Irgendwas zwischen Stammtisch und Telegram.
Eine Frau mit dunklen Haaren bittet ihn freundlich, leiser zu sein:
„Das interessiert hier wirklich niemanden.“
Alle hören zu. Niemand sagt etwas.
Außer ihr.
Er redet weiter.
Ich sage etwas.
Er redet weiter.
Die Frau neben mir – älter, ruhig, blond – sagt schließlich:
„Was wollen Sie von uns? Belästigen Sie uns nicht.“
Und dann dreht er sich um.
Er mustert uns. Zwei blonde Frauen – aha, lohnendes Ziel.
Und plötzlich kommt’s:
„Ihr Deutschen seid das Problem. Ihr seid Huren. Ihr seid behindert.“
Ich: „Machen Sie ruhig weiter. Das wird eine schöne Sammlung für die Anzeige.“
Er: weiter im Text.
Die Männer im Abteil?
Schweigen.
Keiner sagt: „Alter, reicht jetzt.“
Noch mehr Frauen halten dagegen.
Was ich da erlebt habe, ist ein Brennglas auf den Zustand unserer Gesellschaft.
Ein Mann pöbelt.
Frauen halten dagegen.
Männer gucken weg.
Und das ist fast schon eine Metapher:
Frauen halten die Zivilisation zusammen, während die Hälfte der Spezies sich auf ihre Sitzplätze zurückzieht und das Polster studiert, um bloß nicht anzuecken.
Und ja, Gleichberechtigung ist mühsam.
Sie ist kein Preis, den man einmal bekommt und dann lebenslang behält.
Sie ist tägliche Arbeit – gesellschaftlich, politisch, persönlich.
Aber was wir gerade erleben, ist kein Stillstand. Es ist Rückwärtsgang.
Ein Rückfall in Reflexe, die wir längst abgelegt hatten: Laut gegen leise, männlich gegen weiblich, Stärke gegen Menschlichkeit.
Und bevor jetzt jemand ruft: „Aber Frauen können auch!“ – ja, stimmt.
Katharina die Große hat im 18. Jahrhundert den Russisch-Türkischen Krieg geführt.
Aber die hat auch gleich das Schulwesen reformiert, die Wissenschaft gefördert und ein Reich modernisiert.
Während ihre männlichen Kollegen vor allem Grenzen zogen und Götter spielten.
Ich will keine Männer verteufeln. Ich will, dass sie mitziehen.
Dass sie nicht nur für Gleichberechtigung sind, sondern mitten drin.
Denn die paar, die sich trauen, in der Bahn mal was zu sagen, haben meist weibliche Vornamen.
Frauen sind nicht die besseren Menschen.
Doch sie sind momentan verdammt oft die, die das Menschliche retten.
Und das sollte zu denken geben – nicht nur im Abteil.













































