Jenseits der rigiden Definitionen von Männlichkeit ist wohl die Freiheit. Neudefiniton von Stärke. Für mehr Gerechtigkeit. - Kathrynsky's

Samstag, Oktober 22, 2016

Jenseits der rigiden Definitionen von Männlichkeit ist wohl die Freiheit. Neudefiniton von Stärke. Für mehr Gerechtigkeit.

"Sei ein Mann, hör auf zu heulen, zeig keine Schwäche, keine Gefühle und dominier die Anderen!" – wenn ein kleiner Junge so etwas hört, wie soll er wissen, wer er, was ein Mann, was richtig und was nicht richtig ist?

Was macht eine Frau zur Frau und den Mann zum Mann? Werden diese Gesellschaftsbilder nicht vor allem durch Männer gemacht und erschaffen? Seit Jahrzehnten wird dieses politische, genderverhaltene Denken diskutiert und öffentlich ausgetragen und doch steht seit Jahrhunderten fest: Geschlecht ist ein Begriff aus der Biologie und Gender ein soziales Konstrukt, es ist eine Bezeichnung für männlich und weiblich. Doch unterscheiden sie sich oder überlappen sie zum größten Teil? Sie überlappen, was bedeutet, Jungen und Mädchen sind in erster Linie Menschen und gleichen sich mehr, als sich zu unterschieden. Die Unterschiede sind nicht angeboren, doch das Gehirn ist formbar, es verändert sich aufgrund von Erfahrungen und stärkt die Teile, die häufig "benutzt" werden. Die gute Nachricht: Auch nach langer Zeit von Vernachlässigung, kann man immernoch lernen, auf seine, und auf die Gefühle von anderen zu achten.


Fest steht; wir werden besser. Die Tatsache, dass wir in der vergangenen Zeit gesellschaftlich zunehmend über feministische Themen sprechen, fördert auch eine gleichberechtigte Gesellschaft. Für Mädchen und Frauen wird viel getan und auch Jungen und Männer provitieren davon. Doch es ist nach wie vor viel zu tun und Jungenarbeit und -förderung darf nicht vergessen werden.

Der aktuelle Stand sieht oft so aus, dass die Gesellschaft Beziehungen, Gefühle, Emphatie, all diese wichtigen Dinge, femisiert hat. Und die männliche Kultur diese Beschreibung des Ichs nicht schätzt. Ab einem bestimmten Alter wird die wahnwitzige Theorie aufgestellt, dass Intimität bei Männern mit Sex zu tun haben muß. So werden das Bedürfnis und der Wunsch nach Beziehungen entwertet, weil dies weiblich und schwach wäre.

Was wird den Jungen über Mädchen beigebracht, wenn sie mit den Worten fertiggemacht werden; "Du bist wie ein Mädchen!"? Versteht mich nicht falsch, es gibt eine ganze Menge guter Männer – doch von vielen Menschen wird ein Bild kreiert, das Gleichberechtigung und freie Entfaltung nicht ermöglicht.

Be A Man: Joe Ehrmann ("The Most Important Coach in America") at TEDxBaltimore 2013 


Es ist wundervoll was Joe Ehrmann in dem TED Talk aufzeigt, er war jahrelang American-Football-Spieler, dann Trainer und setzt sich für ein modernes Männerbild ein. Doch, es gibt ein paar, denen können wir eine Mitschuld zuweisen an dem aktuellen Bild, so werden in Film, Fernsehen und anderen Medien zum Beispiel bevorzugt folgende Typen von Männern gezeigt:

  • Am Beliebstesten: Der männliche Archetyp, der starke Einsame und Schweigsame, der immer alles im Griff hat und keine Gefühle zeigt. 
  • Auch gern genommen: Die Figur des Superhelden, der Held, der unter hohem Gewalteinsatz die Kontrolle bewahrt, um was auch immer es ist, zu erreichen. 
  • Natürlich nicht zu vergessen: Der Archetyp des Schurken, im allgemeinen ein Farbiger, der oft in eine noch viel gewalttätigere Schublade gesteckt wird. 
  • Ach und er darf auch dabei sein: Der Kindskopf, der Mann, der ewig pubertiert und sich über alles lustig macht. In der Regel nicht so muskulös, aber er strahlt auf andere Weise Männlichkeit aus: durch die Herabwürdigung von Frauen, indem er Risiken eingeht (denken wir nur an den Film Hangover). 

Es gibt eine ganze Menge dieser Filme, in denen die Männer eigentlich immer nur die Frau rumkriegen wollen. Sie sollen lustig sein und viele lachen mit, darüber, was aus einem werden könnte. "Nein, ich doch nicht, ich bin anders!" Und doch, natürlich wissen wir, dass Medienbilder das Verhalten beeinflussen. Werbung beruht seit eh und je auf dem Gedanken, das Verhalten zu beeinflussen. 

Diese männliche Gewalt und die übertriebene Maskulinität sehen wir in Filmen oder im Fernsehen, genauso wie in Rap-Musik und der Hip-Hop-Kultur. Mit dem Stereotyp des Gangsters (gefährlich, gewalttätig, machtvoll, Respekt einflößend, Drogen verkaufend und nur an Sex denkend) imitieren viele Rapper ein in ihren Augen erfolgreiches Modell von Männlichkeit. Zugleich aber auch einen Mann, der nicht offen und ehrlich mit anderen umgehen kann.

Da Kinder täglich mehrere Stunden vor dem Bildschirm verbringen und sich all dies ansehen, kann man nicht mehr abstreiten, dass sie davon beeinflusst werden. Innerhalb von Bruchteilen von Sekunden, gemäß dieser Technologien, werden die Gehirne digital neu vernetzt. Was bewirkt es also, wenn ein amerikanischer 18-Jähriger im Schnitt schon bereits 200.000 Gewaltakte auf dem Bildschirm gesehen, darunter 40.000 Morde.

Auch durch Pornographie, wird Gewalt transporiert. Und natürlich besteht hier eine Verbindung – wer lernt, den weiblichen Körper als Objekt zu sehen und zu kaufen, ob durch Prostitution, oder indirekt bei der Pornografie, wie kann und soll er unabhängig davon sein, sich selbst als sexuelles Wesen zu entwickeln? Denn was man in Pornos zu sehen bekommt, vermittelt eine scheinbar normale Brutalität in Verbindung mit dem Geschlechtsakt.
Ein anderer Punkt, wovon ich bei meiner liebsten Late-Night Talkerin gehört habe; Pornografie kann süchtig machen. Gabe Deem und Noah Church von Reboot Nation waren bei Chelsea Handler zu Gast und berichteten von den eigenen Süchten und Erfahrungen (Ihr könnt es HIER sehen. Jede der Sendungen lohnt sich – auf Netflix). Das Gehirn, genauer die Dopaminrezeptoren, werden überaktiviert, so wird man automatisch süchtig nach dieser visuellen Stimulation.
Wie sollen Jungen so gesunde, sexuelle Beziehungen entwickeln? In den USA ist durch den Konsum von Pornografie die sexuelle Aggression um 22% gestiegen und sogar die Akzeptanz von Vergewaltigung (das Frauen sexuelle Gewalt wollen) um 21%. Mir fehlen die Worte, wenn ich darüber nachdenke, wie so ein Bild "normal" geworden sein kann. Viele der Täter klettern nicht aus dem selben Sumpf ein und derselben Kleinstadt, sie sind Produkte der Kultur, die ihnen aufgezeigt wird.

Ob beabsichtigt oder nicht, es hat sich so entwickelt, dass Mädchen oft nicht mehr als Menschen behandelt werden. Darüber ist die Gesellschaft immer wieder überrascht, dabei tolerieren viele diese Darstellung auch. Jungen wachsen zu Männern, die erstmal ganz grundsätzlich keinen Respekt vor Frauen haben, und dann wundern wir uns? Das wir, und warum wir so eine Kultur haben? Warum eigentlich?



Es gibt sie, die guten Männer. Ich kenne sie und ihr hoffentlich auch. Doch ich frage mich immer wieder: Wie sind sie in ihren "Männerkreisen"? Laut und bringen etwas gegen die vorherrschende Meinung vor oder denken innerlich vielleicht viele: "Es ist falsch. Ich sollte etwas dagegen tun." Und dann: "Es sind meine Kumpels, es sind Männerwitze. Wenn ich jetzt etwas sage, gelte ich als ..."
Diese Frage habe ich bereits einigen männlichen Freunden gestellt und bislang zu 100% die Antwort erhalten, das sie nichts sagen, wenn denn ... Die Wahl des Schweigens entspricht jedoch ihrem Privileg. Auch wenn sie gute Männer sind und in der Gegenwart von Frauen oder öffentlich nicht herablassend, so sind sie doch ein Teil des Kollektivs, des Nährboden. Sie leiden still unter diesen Sprüchen, Definitionen und Hierarchien.

Trotz der Risiken, besteht die Chance Stärke für Männer neu zu definieren, die Stimme zu erheben und Dinge aussprechen, die andere Männer nicht gern hören – um so zu einer Lösung beizutragen und die Gesellschaft besser und gesünder zu machen. Nicht als Macht über andere, sondern als Kraft für Gerechtigkeit, Gleichheit und Fairness, im Kampf gegen Armut und gegen Ungleichheit und Gewalt.

Es geht nicht darum, aus Jungen und Männern etwas zu machen, das sie nicht schon sind. Es geht darum, es festzuhalten oder wiederzuerlangen, was von Beginn an da ist und / oder ihnen dabei zu helfen es zu entwickeln. Mitgefühl, Fürsorge und Mitleid mit anderen sind keine weiblichen Charakterzüge oder Verhaltensmuster, es sind menschliche.


Jeder hat Potential, wenn er richtig gefördert und motiviert wird, ein vollkommener Mensch zu werden. Der nicht beschränkt ist von dem, was er sein zu sollen glaubt. Dabei können wir nicht immer bestimmen, was uns passiert, doch es ist eine Lebensaufgabe, das Beste daraus zu machen. Jedermanns Reise besteht darin, das Herz wieder mit dem Kopf zu versöhnen, sein wahres Ich auszuleben. 


"Früher, als ich in der Mann-Schublade steckte, fühlte ich mich unvollständig. Ich hatte das Gefühl, die Person zu sein, die ich sein sollte, oder die meine Familie in mir sah. Jetzt, wo ich aus der Mann-Schublade raus bin, durch einen Prozess und viel Arbeit, fühle ich mich drei Meter groß, ich fühle, dass ich etwas wert bin, dass ich das Recht habe, geliebt zu werden, fühle mich dazugehörig, zu meinesgleichen, mit denen ich so eine Gemeinschaft aufgebaut habe. Ich fühle mich ganz."

2 Kommentare:

  1. Toller Text, der zum Nachdenken anregt...Danke!

    AntwortenLöschen
  2. Klasse geschrieben, da ist viel Wahres drin. Hab mich in manchen Punkten wieder erkannt. Entweder macht man den Clown oder einen blöden Spruch, weil man dazu gehören will, wo man nicht hingehört. Gottseidank habe ich viel dazu gelernt und mich mittlerweile von Menschen abgewandt die sich nur auf solche Äußerlichkeiten reduzieren. Dennoch muss man sich man sich nach wie vor gewissen Dingen beugen, weil man sonst schief angeschaut wird in unserer ach so toleranten Welt.

    AntwortenLöschen

Danke für Deinen Kommentar! :o)